DHB A-Trainer*in-Ausbildung

DHB A-Trainer*in-Ausbildung

 Die DOSB-A-Lizenz Leistungssport des Deutschen Handballbund ist die höchste Ausbildungsstufe für Handballtrainer*innen in Deutschland. Ich fahre also mit meinem Kempar nach Hennef bei Köln, um mit der letzten praktischen Prüfung des DHB die A-Trainer*in-Ausbildung zu absolvieren. Zwischen mir und diesem großen Ziel liegt an sich nur noch ein einfaches 45-Minütiges Training, doch so einfach wird und war das ganze leider doch nicht. Um diesen Prozess und den gesamten Lehrgang besser zu verstehen, muss ich ein wenig weiter ausholen und möchte nun in diesem Handball Blog meine Erfahrungen bei der A-Lizenz des Deutschen Handballbundes mit dir teilen.

Die A-Trainer-Ausbildung ist die höchste Ausbildungsstufe im DHB-Ausbildungskonzept

Inhaber sind berechtigt als Mannschaftsverantwortliche in der Bundesliga (HBL, 2HBL & HBF) zu arbeiten. Für mich liegt dieses Ziel noch in weiter Ferne und auch hauptamtlich möchte in einem Verein erstmal nicht tätig werden. Ich habe mich trotzdem ganz speziell vor meiner Reise dafür entschieden die A-Lizenz anzustreben, da ich von diversen internationalen Trainer Austausch Programmen erfahren habe. Bei diesen werden qualifizierte Trainer gesucht, welche in fernen Ländern Vorträge und Seminare halten und so häufig über mehrere Wochen in einer fremden Kultur den Handball voran bringen. Wie wahnsinnig aufregend ist das denn bitte?!  Um dort in die engere Auswahl solcher DOSB geförderten Programme zukommen wird die A-Lizenz benötigt und dementsprechend habe ich mich beim DHB Anfang 2019 für den kommenden Lehrgang beworben. Die Bewerbung ist heutzutage gar nicht so einfach, da sich sicherlich 50-60 Trainer aus ganz Deutschland auf die begehrten 20-25 Plätze bewerben. Ich konnte jedoch in meiner Bewerbung bereits

  • 3 Jahre Erfahrung auf höchstem Niveau in der Jugendausbildung mit den Füchsen und
  • viel Engagement beim Handballverband Berlin (Auswahltrainer, Prüfer und Referent für die C- und B-Lizenz) vorweisen.

Die Freude war dementsprechend groß über die positive Rückmeldung des DHBs aus Dortmund.

Viele Mythen und Geschichten ranken sich über diese Lizenz, so sollen z.B. früher (70/80er Jahre) Anwärter lediglich ein Briefumschlag mit Scheinen zum DHB geschickt und anschließend eine A-Lizenz erhalten haben. Ich hatte lediglich nur Sorge davor, dass ich mir viel Zeit ans Bein binde und keinen nennenswerten Mehrwert erhalten sollte, denn so hatte ich einige A-Lizenzinhaber bereits in meiner jungen Karriere getroffen, bei denen ich manchmal nur den Kopf schütteln musste. Doch mein ehemaliger Trainerkollege und Freund Fabian Lüdke, welcher seine A-Lizenz ein Jahr vor mir mit Summa Cum Laude bestanden hatte, nahm mir die Furcht genau davor. Denn beim DHB gab es mit Dr. Patrick Luig einen neuen Bundestrainer für Wissenschaft und Bildung, welcher die A-Lizenz mit Michael Neuhaus nun ordentlich “aufräumte”. 

Der erste Grundlehrgang und die Bürde des Bundestrainers

Dies ging damit los, dass noch bevor die erste Lehrgangswoche stattfinden sollte, wir verschiedene Aufgaben bekamen. So sollte sich jeder Teilnehmer in einem kurzen Video auf der neuen DHB-Lernplattform den anderen Teilnehmern und Referenten vorstellen und durch diverse Online Kurse Themen aus der B-Lizenz “auffrischen”. Dadurch konnte ich neue Begriffe zu Trainer Didaktik und Athletik noch vor dem ersten Lehrgang lernen. Es bleibt also festzuhalten, dass die Teilnehmer gut vorbereitet in die erste Lehrgangswoche in der Sportschule in Hennef Mitte 2019 gestartet sind. Die Vorträge zu Beginn hatten einen starken Bezug zur

  • Athletik (David Gröger und Patrick Luig) und wurden mit Themen zum
  • Coaching (Günter Klein) und
  • Handball (Christian Prokop und Sebastian Hinze) erweitert.

Besonders schnell wurde in diesem Lehrgang deutlich wie gut die Teilnehmer miteinander kooperierten und sich gegenseitig ergänzten. Denn neben den ehemaligen Legenden wie Weltmeister André Klimovets und Olympiasieger Blazenko Lackovic, saßen auch viele Trainer aus der 3. Liga und den Jugendakademien mit in der Runde. Doch Brücken wurden direkt zu Beginn gebaut und ein lebendiger Austausch führte zu einem schnellen Einleben. 

Besonders der Vortrag von Christian Prokop hatte mich damals sehr begeistert. Wir bekamen Einblicke in die Analyse der Heim WM und Christian füllte diese mit persönlichen Anekdoten aus seinem Trainerleben weiter aus. Er hat seine Erfahrungen aus den ersten Turnieren reflektiert und gewisse taktische Entscheidungen bei der letzten WM erklärt. Mir wurde in diesem Moment bewusst wie komplex das Amt des Bundestrainer ist und welche Faktoren bei solch einem großen Turnier ausschlaggebend sind. Solche Entscheidungen und Bewertungen können nicht innerhalb von 60 Minuten vor den Endgeräten getroffen werden und es war schön zu erfahren wie er mit diesem medialen Druck umging. Denn dies ist natürlich ein wichtiges Thema in der Arbeit als Trainer. Dazu gab es von Ronald Feisel (SWR) Einblicke in die Medien und wie mit ihnen umgegangen werden kann. Bereits ein paar Monate später konnte dann die gesamte Handballwelt sehen, wie der DHB mit den Medien umgegangen ist und auch wie schnelllebig und direkt auch das Handball Business sein kann. Denn Christian war zum Ende unseres Lehrgangs, nach einem heftigen internen Machtkampf im DHB nicht mehr Bundestrainer. 

Ich glaube dies war einer der wichtigsten Lehrinhalte des Lehrgangs, welcher nicht mal im Rahmenprogramm zu finden waren. Sport ist und bleibt unfair. Um es in diesem Fall auf den Punkt zu bringen: Die Bewertung der Trainertätigkeit umfasst viele Komponenten, von denen die wenigsten vom Trainer selbst beeinflussbar sind.

Der zweite Grundlehrgang und die erste Klausur

Nach der Sommerpause ging es mit dem 2. Grundlehrgang weiter und auch zwischen durch wurden einige Dinge über das DHB-Trainercenter von den Teilnehmern abverlangt. Denn nun traten Jochen Beppler und Erik Wudtke auf den Lehrplan und über mehre E-Learning Phasen wurde Wissen zur Technik und Taktik geschaffen. Ebenso stand die erste Lehrgangsklausur über den großen Themenbereich Athletik und Coaching auf dem Plan. In dieser 90 minütigen Klausur wurde mir persönlich deutlich wie umfangreich das Wissen vom DHB Lehrstab für das Amt des Handballtrainers interpretiert wurde und wie weit weg ich von einer Karriere als Athletiktrainer bin. Die Klausur wurde direkt zu Beginn geschrieben und es herrschte schon eine regelrechte Anspannung. Denn das Bewertungssystem sieht vor, dass es 4 Prüfungskomponenten (Klausur, Hospitationsbericht, Praktische- und Mündliche Prüfung) gibt, während sich die Klausur-Note aus 2 Klausuren zusammensetzt und im Schnitt nicht schlechter als 4,0 sein darf. Eine gute Note in der ersten Klausur hätte, also viel Sicherheit in die zweite gebracht, während das Gegenteil den Stress weiterhin erhöht hätte. Am Ende bin ich durch die erste Prüfungsklausur mit einer 3,0 sehr passabel durch gekommen, da mir natürlich bewusst war, dass dies nicht mein Steckenpferd ist.

Der zweite Grundlehrgang war dann gespickt mit Erfahrungen aus der Praxis, denn so hielten, neben Jochen und Erik, André Fuhr (6:0 Abwehr) und Frank Carstens (Tempospiel) die Handball Vorträge. Besonders die Ausarbeitung und der methodische Aufbau von André haben mir sehr gefallen und dass er dann noch einverstanden war diese Einblicke mit der Handballwelt zu teilen, haben mich noch mehr gefreut. Deshalb hast du jetzt die Möglichkeit dem “Meister” der Saison 19/20 beim Training über die Schulter zu schauen und dich gerade von seinen komplexen Abwehrübungen für dein Handballtraining zu inspirieren. 

Abgeschlossen haben den Lehrgang die beiden Professoren und Doktoren Carmen Borggrefe und Klaus Cachay. Beide haben Profitrainer aus diversen Sportarten bei Wettkämpfen begleitet und ihre Kommunikation analysiert. Die dort gemachten Erfahrungen haben mir persönlich beim Verständnis von Konflikten sehr geholfen. Sie gliedern Konflikte nach

  • Macht-,
  • Beziehungs- und
  • Sachkonflikten ein und

haben über unterschiedliche Möglichkeiten ein Leitfaden erstellt, welcher hilft den Konflikt wahrzunehmen, einzuordnen und entsprechend der Ebene zu beantworten. 

Ich möchte dir gerne dafür ein kleines Beispiel geben: Spieler A lehnt den taktischen Vorschlag vom Trainer ab und formuliert, z.B. öffentlich in der Videoanalyse, Kritik unter Einbeziehung eigener Erfahrungen an der Taktik. Nun ist es wichtig zu erst die Konflikt Ebene zu verstehen und verständlicher Weise gibt es nun 2 “schnelle Schlussfolgerungen” für diese Frage. Entweder wir bewerten dies als einen

  • Machtkonflikt, da die Kritik öffentlich vor dem Team gestellt wurde und damit die Fachkompetenz des Trainers attackiert wird oder wir bewerten es als
  • Sachkonflikt, da der Spieler, einen sachlichen Einwand, in der dafür vorgesehenen Zeit (Videobesprechung) vorgebracht hat.

Die Bewertung kann natürlich nur in genau diesem spezifischen Kontext mit allen nötigen Informationen getroffen werden. Lassen wir also für die weitere Betrachtung beide Konflikt Ebenen zu.

Gehen wir von einem Machtkonflikt aus, wird das Argument des Spielers vermutlich nur zweitrangig sein und die Attacke an den Trainer im Vordergrund stehen. Dementsprechend gilt es Reaktionen vermehrt auf dieser Ebene zu begegnen und sich nicht auf eine “hohle” Diskussion einzulassen. Lieber sollte entweder

  • A (z.B. bei einer Stresssituation direkt vor dem Spiel) der Trainer einen klaren Standpunkt vertreten und eine Entscheidung für die Taktik im Sinne des Teams treffen, in dem er die Diskussion beendet und auf der Machtdiskussion Sanktionserwartungen gegen den Spieler ausspricht (“Wenn du nicht der selben Meinung bist für dieses Spiel, dann kann ich dich nicht spielen lassen”) oder
  • B (z.B. in der Saisonvorbereitung) das Gespräch direkt auf den Machtkonflikt lenken und diesem damit Raum für eine Diskussion geben. 

Sollten wir jedoch von einem Sachkonflikt ausgehen und der mündige Spieler möchte lediglich seine Meinung zum Thema beitragen, dann gebührt der Diskussion auch die nötige Tiefe über die Thematik. Natürlich wieder mit den unterschiedlichen Umgebungsinformationen. Denn bei Situation

  • A (Vor dem Spiel), kann der Trainer Vertrauenserwartungen aussprechen (“Ich habe dein Argument gehört und verstanden, jedoch habe ich mich nach dem Videostudium und dem Einbezug der letzten Wochen genau dafür entschieden. Ich hoffe, dass du mir vertraust und dieser taktischen Route folgst”). Bei der Situation
  • B (z.B. in der Saisonvorbereitung) gebührt natürlich auch hier dieser Diskussion ausreichend Raum, diesmal jedoch mit dem Fokus auf sachlichen Themen.

Mir ist bewusst, dass sofort persönliche Erfahrungen und Meinungen bei diesen Diskussionen bei dir aufkommen und das freut mich. Ich wollte dir jedoch nur ein Beispiel nennen, bei dem klar wird, dass es unterschiedliche Konfliktebenen gibt und dementsprechend auch unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Konfliktlösung durch den Trainer.

Hospitation und Führungsstile beim Bundesligisten

Die A-Trainer*in-Ausbildung des DHB setzt sich wie du gesehen hast, aus mehreren Faktoren zusammen. Ein sehr wichtiger Faktor dabei ist auch die Hospitation bei einem Bundesligatrainer in der 1. oder 2. Liga mit A-Lizenz und anschließender Ausarbeitung eines Hospitationsbericht. Ich habe meine Hospitation bei den Spreefüxxen Berlin gemacht und konnte dies nur realisieren, da die Spreefüxxe damals von Paulo Costa, einem Portugiesen mit einer EHF Mastercoach Ausbildung trainiert wurden. Die Hospitation setzt sich aus 2 Wochen Präsenzaufenthalt zusammen, wobei eine Woche in der Vorbereitung und eine im Wettkampf mit einem Spielbesuch geschehen muss. Anschließend sollen die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen in einem “wissenschaftlichen” Hospitationsbericht mit einer thematischen Fragestellung münden.

Meine Fragestellung hatte mit dem Führungsstil des Trainers zu tun. Durch den Trainerwechsel bei den Spreefüxxen zur Saisonbeginn 19/20 zu Susanne Müller, hatte ich die Möglichkeit zwei Stile miteinander zu vergleichen. Ich hatte mich dafür vertieft mit der Blake-Mouton Matrix auseinandersetzt, diese gibt eine Einordnung des Führungsstiles auf den Achsen der Sach- und Menschenorientierung. Im Grunde geht es darum wie sehr ich meine Entscheidungen als Trainer mit den Formulierungen

  • „Meine Mannschaft soll homogen und harmonisch sein“ oder
  • „Die Erreichung des Zieles steht über Einzelschicksale“ treffe.

Meine Ergebnisse kann ich leider nicht mit euch teilen, da sie Interna des Teams und Vereins beinhalten, aber den Artikel zur Matrix und den darauffolgenden Typen verlinke ich euch hier. Meinen Hospitationsbericht konnte ich erfolgreich mit einer 2.0 im neuen Jahr verbuchen.

Projektlehrgang und Videostudium ins kleinste Detail

In der ersten Januarwoche 2020 stand dann ein Projektlehrgang beim Länderpokal der Mädchen in Sindelfingen an. Die große Hauptthematik lag auf dem Videostudium und der Nutzung des Videos im Handballtraining und der Spielanalyse. Vor Ort waren dann mit Dr. Jan Steinbach und Dr. Jan Papst die zwei Hauptanalytiker des DHBs vertreten, welche mit ihrer breitgefächerten Erfahrung aus vielen Schichten bei Nationalmannschaften und dem eigenen Videotool VideoCoach perfekte Experten sein sollten. Zu Beginn wurde der Theorie viel Raum gegeben, der Begriff Projektlehrgang mit Themen bezogenen Aufgaben zum Länderpokal jedoch schnell deutlich und untermauert. Die Teilnehmer wurden in Gruppen aufgeteilt und jede Gruppe sollte eine Auswahlmannschaft hinsichtlich Angriff, Abwehr oder Scouting analysieren. Nach 2 Tagen wurden die Ergebnisse der Gruppe durch simulierte Videobesprechungen mit dem Team vorgestellt. Meine Gruppe bearbeitete die Offensiv Komponenten des Teams aus Mecklenburg-Vorpommern und ich sollte den Abschluss der Besprechung mit dem Gegenstoß halten. Ich hatte meinen Ausklang mit wenig emotionalen Botschaften beladen und eher sachlich gewählt. Daraufhin wurde mir als Feedback an die Hand gegeben die Truppe „heiß“ auf das nächste Spiel mit einer emotionalen Schlusszene zu machen. Ich hatte dieses Stilmittel jedoch schon zu Beginn gewählt, um die „müden Augen“ nach einem langen Turniertag und zum Ende der Videobesprechung wieder aufzuschlagen und sehe eher ein höheren emotionalen Ausschlag vor dem Spiel, bei der Kabinenansprache z.B. als sinnvoller. Dir möchte ich jedoch gerne genau diese Diskussion für deine nächste Videobesprechung mit an die Hand geben. Wirst du ein emotionales Ende oder einen sachlichen Abschluss finden?

Der Projektlehrgang endete mit einer Langzeitaufgabe, bei der die Teilnehmer den Einsatz des Videofeedbacks im Training über ein kleines Video vorstellen sollten.

Corona verlangt Flexibilität und Effizienz 

Und dann trat Corona in unser Leben und stellte natürlich auch den Lehrgangstab des DHB vor große Prüfungen. Doch diese wurden meiner Meinung nach hervorragend gemeistert und über ein Webinar, mit Beiträgen von z.B. Matthias Andersson und Dr. Julian Bauer gefüttert. Der DHB konnte also direkt einen weiteren Teil seiner Ausbildung digitalisieren und somit seinen Teilnehmern auch in dieser ungewissen Zeit die Fortsetzung des Lehrgangs ermöglichen. Vor allem bei der 2. Klausur zu vermehrt trainingsdidaktischen Themen, welche am eigenen Schreibtisch geschrieben werden konnte, erstrahlten die Augen von uns Teilnehmer. Eine handballspezifische Klausur und dies ohne strenge Augen, welche über die eigene Schultern gucken, sollte jetzt nicht die größte Hürde darstellen. Da lag ich wohl, wie einige Kollegen, weit daneben. Als ich die Klausur vor mir auf dem Bildschirm sah, wurde ich schlagartig an eine Klassenarbeit aus der 10. Klasse erinnert. Dort hatte ich von einem Kumpel aus der Parallelklasse bereits die Geoklausur ein Tag vorher erhalten und bin dann auch trotz der guten „Vorbereitung“ in meiner Federtasche total krachen gegangen. Denn Dinge „ab- und umzuschreiben“ dauert nun mal länger als Dinge direkt aufs Papier zu setzen. Und so war der Zeitdruck bei der Klausur des DHB von der ersten Minute gegeben. Am Ende habe ich mich mit einer weiteren 3.0 über die Ziellinie gerettet und musste erstmal tief durchatmen.

Egal wie viele Informationen du über den Gegner und dein eigenes Team hast, im Zeitraum von 60 Minuten eines Handballspiels, kommt es vor allem auf Effizienz an.

Auch wenn das keine Frage der Klausur war, war dies meine wichtigste Lektion.

Die mündliche Prüfung und Kommunikation

Nachdem im Sommer die Beschränkungen etwas gelockert wurden, konnte Mitte Juni und mit Einhaltung hoher Hygiene Standards der letzte Grundlehrgang mit der abschließenden Thematik Coaching von Günter Klein und die mündliche Prüfung stattfinden. Gerne möchte ich hier von Günter kurz die Kommunikation des Führungsstil anreißen. So gliederte er diese in

  • Situative Führung
  • Transaktionale Führung
  • Transformelle Führung

Besonders die Transformelle Führung hat mich angesprochen und dazu angeregt diese in meinem weiteren Trainerweg zu nutzen. Um einen schnellen und einfachen Unterschied zwischen transaktionaler und transformeller Kommunikation darzustellen, möchte ich das folgende Beispiel anbringen:

Ein Spieler hat keine Lust die Krafteinheit am Samstag Vormittag wahrzunehmen.

Bei der transaktionalen Kommunikation würden folgende Sätze zu finden sein.

„Wenn du Samstag nicht trainierst, wirst du kommende Woche nicht spielen!“

Vor allem wenn-dann Botschaften geben einen guten Indikator für diese Art der Kommunikation.

Bei der transformellen Kommunikation soll dem Spieler, wie der Wortstamm es schon vermuten lässt, eine Transformation von Verhalten und Bewusstsein gelingen.

„Handball ist eine extrem körperliche Sportart, welche eine optimale Physis voraussetzt, um deine eigenen Ziele zu erreichen und den nächsten Schritt zu machen, solltest du die Möglichkeit des Krafttraining nutzen. Es bewahrt dich ebenfalls vor schweren Verletzungen und macht es mir einfacher deinen Work-Load beim Handballtraining besser zu steuern. Ich hoffe du verstehst die essenzielle Bedeutung und erkennst, auch wenn es dir keine Freude bereitet, den Mehrwert für dein eigenes Handballspiel.“

Ich hoffe ihr versteht, den tieferen und langfristigeren Ansatz der transformellen Führung.

Wir Trainer müssen natürlich auch die transaktionelle Führung nutzen und gerade Konsequenzen sind unausweichlich in unserem Job anzufinden. Ein Verständnis über die Alternativen in der Kommunikation verstärken jedoch gewiss auch euren Erfolg als Handballtrainer.

Am Ende der 3 intensiven Tage stand dann die mündliche Prüfung an. Dabei wurde in Gruppen geprüft und jeder einzeln bewertet. Es gab mit Günter (Coaching), Erik (Handball) und Patrick (Athletik und Trainingswissenschaft) 3 Prüfer, welche in ihren jeweiligen Sachthemen Fragen stellten. Durch einen Probedurchlauf, welcher mich stark an meine Grenze brachte, war ich den Abend davor stark mit der Aufarbeitung meiner Schwachstellen beschäftigt. Dies gab mir nochmal den entscheidenden Impuls und ich ging dann doch frohen Mutes in die Prüfung. So konnte ich zu erst beim Coaching von Günter eine ordentliche Figur abgeben. Es wurde theoretisches Wissen zu seinen Themen, aber auch Rollenspiele zu einem möglichen Bewerbungsgespräch mit einem neuen Verein abverlangt. Und anschließend konnte ich auch die vielen Taktikfragen von Erik meistern. Dort wurden uns Spielszenen gezeigt, welche wir mit der richtigen Fachsprache einwerten und dann Übersetzungen ins Handballtraining gestalten sollen. Besonders sein sehr positives Feedback hatte mich nach der Prüfung gefreut. Doch dazwischen wartete Patrick mit erneut sehr kniffligen Fragen zum Thema Athletik und als ich dann HIIT mit Hypertrophie bei einer Übungsform im Gegenstoß vertauscht hatte ging ich in diesem Feld komplett baden. Zum Glück sicherten mir die sehr guten ersten Teile eine durchaus gelungene 2.3 bei meiner mündlichen Prüfung.

Die praktische Prüfung und das Bändigen des Löwenrudels

Doch alles Schreiben und Reden bringt dir nichts, wenn du auf dem Feld nicht performen und auch eine neue Mannschaft in kürzester Zeit nicht in deinen Bann ziehen kannst. Somit stand nun auf meiner Handballweltreise die praktische A-Lizenz Prüfung des DHBs für mich an. Als ich am Freitag den 21. August in Hennef ankam, war ich schon leicht aufgeregt. Als dann am Abend viele meiner Kollegen mit ihren Prüfungen stark zu kämpfen hatten, stieg diese Aufregung weiter und der Druck war Immens. Denn eine Nachprüfung zum Ende des Jahres passte dann nicht wirklich in meine Reisepläne und vor allem nicht an meine eigene Erwartungshaltung. Ich arbeitete mir deshalb den Abend davor (das hatte bei der mündlichen ja auch hervorragend geklappt) einen Leitfaden für meine Trainingseinheit aus. Denn bei der praktischen Prüfung in der A Lizenz zieht der Teilnehmer 120 Minuten vor dem Training sein Thema und hat knapp 90 Minuten für die Ausarbeitung Zeit. Da wurde die angesprochene Effizienz direkt unter Beweis gestellt. Anschließend stellt der Prüfling Teile seines Trainingplans mit einer Demomannschaft, wie bei der B und C Lizenz, der Prüfungskommission vor. Bei meiner Prüfung sollten mich Dr. Zuzana Porvaznikova, Martin Heuberger und Jochen Beppler lächelnd in der Sporthalle erwarten. Doch bis dahin, waren es noch lange 120 Minuten. Den wichtigsten Schritt dieser Prüfung gilt es bereits ganz am Anfang zu machen. Denn das gezogene Thema kann z.B. entweder

  • „Scheinssperre gegen eine 3:2:1 – Abwehr “ oder
  • „Variation der Kreisel/Pivot Bewegung gegen eine 6:0 Abwehr“ heißen

und damit ein gewaltigen Unterschied in der Schwierigkeit und Bekanntheit ausmachen. Da ich der erste Prüfling am Samstag morgen um 10:00 war und sowieso ab 04:30 nicht mehr schlafen konnte, nahm ich mir die Zeit, um mich mit Meditation auf den letzten Spielzug vorzubereiten. Dies hatte mir dann beim Ziehen meines Themas übermenschliche Kräfte beschert und ich konnte das letztere Beispiel Thema zielsicher aus den 100 Prüfungsaufgaben ziehen. Der wichtigste und doch unkontrollierteste Schritt war getan. Sport ist und bleibt eben unfair. Über meinen Leitfaden zur Trainingseinheit und der sehr stark ausgeprägten Schwellen Pädagogik aus meinen bisherigen Trainerstationen habe ich eine doch sehr anmutende Trainingseinheit aufs Papier gebracht. Mit dem nötigen Wissen, dass nun meine „wahre“ Stärke zum tragen kommt, konnte ich die Trainingseinheit mit der U19 des VfL Gummersbach und das abschließende Prüfungsgespräch vollkommen bewusst genießen. Beim Training ist mir vor allem ein wichtiger Hinweis, den ich als Prüfer und Dozent auch meinen B-Lizenz Anwärtern immer mitgebe in den Sinn gekommen.

Es ist leichter ein Rudel Löwen zu kontrollieren, wenn sie dich nicht sofort auffressen.

Also sei fair und professionell zu deiner Demomannschaft und beziehe die Führungsspieler direkt in deine Arbeit mit ein. Vermutlich hatte ich aber ein sehr entspanntes und gut eingestelltes Löwenrudel vor mir, da mir die Arbeit sofort Spaß machte, obwohl ich da schon die wildesten Sachen gesehen und mitbekommen hatte.

Nach vielen Notizen, die auf dem umfassenden Prüfungsbogen von Zuzana, Martin und Jochen gemacht wurden, und der schwere Fehler direkt bestraft und nicht verzeiht, wurde ich zum Auswertungsgespräch gebeten. Schwere Fehler könnten z.B.

  • der fehlende Themenbezug (Angriff gegen eine 3:2:1 Abwehr, aber deine Halbverteidiger sinken nicht ausreichend ein und du bist mit deinem Angriff beschäftigt und registrierst dies gar nicht. „Schwups“ bist du durchgefallen da es keine 3:2:1 sondern eine 3:3 Abwehr darstellt) oder
  • Schwächen in deiner Kommunikation (massiv falsche Fachbegriffe oder die fehlende Präsenz im Raum) sein.

Das Prüfungsgespräch hat mir dann nochmal richtig Spaß gemacht. Dass ist wie dieser Moment wenn die Mannschaftsbesprechung vor dem Spiel abgeschlossen ist und dein Team sich warm macht, denn dann kommt nur noch das Spiel und dieses gilt es bewusst in jedem Moment zu genießen. So genoss ich das Fragenfeuerwerk und stellte meine geballte Fachkompetenz in vielen verschiedenen Ausführungen dar. Gerne möchte ich euch einen wichtigen Kritikpunkt an mich für eure nächsten Prüfungen mitgeben. Mein Kreisläufer hat den Prüfern zu viele falsche Sperren gestellt. Ich hatte das zwar wahrgenommen und ihm persönlich über eine spätere Sperrstellung (damit er nicht zu viel Zeit fürs Kämpfen hat) geholfen. Dies war für die Prüfer jedoch nicht ausreichend und ein erheblicher Einschnitt in meine doch sonst sehr gelungene Prüfung. Denn mit einer 2.3 befand ich mich deutlich im oberen Quantil und hatte meine A-Trainer*in-Ausbildung erfolgreich beendet. Es war ein unfassbar schönes Gefühl, welches mich noch mehrere Tage begleitete und mir viel Zuversicht für meine weiteren Trainertätigkeiten gibt.

Die A-Trainer*in-Ausbildung beim Deutschen Handballbund war für mich der perfekte Einstieg in meine Handballweltreise, denn 2 Tage später legte bereits meine Fähre von Dänemark nach Norwegen ab. Doch dazu erfahrt ihr mehr im nächsten Blog.